ARMIN SCHREIBER
KUNST-PATERNOSTER
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Flickphrasen






Mädchen mit Ah-am-Schild  

Merkelschen „Ähm“, das wir als kreatürlichen Ausdruck echter, auch nachvollziehbarer Verlegenheit empfinden, wirken die erwähnten „Ah-ams“ in der Diktion etwa der Berlin-Biennale-Kuratorin Ute Meta Bauer extrem künstlich: wie stilisierte Nachahmungen.

Ist nun auch unser rhetorisches Defizit der Instrumentalisierung  anheimgefallen? Korrigieren Sie uns, wenn wir Quatsch reden, aber wir können in den rhythmisch aneinandergereihten Flickphrasen nichts anderes als Elemente einer Performance, eines Rituals sehen.

Auf der Suche nach einer möglichen Mega-, besser hier wohl: Meta-Message – sie begann unmittelbar nach der „Documenta11“-Eröffnungnungspressekonferenz – wechselten wir zunächst lediglich die Holzwege. Entschleunigungs-Diskurs? „Ah-am“ als Metapher für natural-sound? Äquivalent für das ehedem so erfolgreiche „Sag ich“ resp. „Denk ich mal“? Fehlzündungen allesamt, bis wir dann doch, nach einem zufälligen Kontakt mit „Queer-Study“-gestützten Verlautbarungen währen der 3. Berlin Biennale (peinlicherweise nicht früher) die Meta-Message des „Ah-am“-Rituals dekodieren konnten: Queer Theory“ nämlich – auf  die vielfältigen Verflechtungen mit cultural, postcolonial und „LesBiGay“ studies etc. gehen wir hier nicht ein – steht auch für die Weigerung, präzise Feststellungen zu treffen. Es dennoch zu tun, gilt als „grob und tendenziös“. Eine echte Falle, denn andererseits verlangt die Institution „Pressekonferenz“, die kulturwissenschaftliche Signifikanz der betreffenden Veranstaltung zu verdeutlichen. Aus diesem Dilemma nun befreit das „Ah-am“-Zeremoniell. Es vermittelt, für uns unüberhörbar: Ich, ah-am, definiere nicht: ich versuch nur mal anzudenken!

 

 

 

 

 Erschienen in Konkret 5/2004

 
       
 

Wir, ich meine uns, die wir wegen psychosomatisch bedingter Handicaps auch relativ einfache Sätze, sofern sie vor mehr als sechs, sieben Personen zu artikulieren sind, nicht immer schnurstracks zu Ende bringen, wir also, die mit dieser kommunikativen Schwäche, nun ja, umgehen müssen, einem Manko, das sich zudem blitzschnell potenzieren kann, sobald uns kaum vermeidbare Attribute etwa oder adverbiale Bestimmungen zwingen, die Sicherheitszone simpler Subjekt-Prädikat-Objekt-Konstruktionen zu verlassen und wir nur noch – ehm, ähem – via Einfügung von Embolophrasien das Satzende erreichen: wir, logisch, vermerken natürlich sofort, wenn vorn, wie kürzlich bei Angela Merkels Erstkommentar zum CDU/CSU-„Regierungsprogramm“, den sie mit dem Klassiker „Ähm“ einleitete, hinter Pult oder Podium solche Starter oder Flickwörter im Spiel sind.

Automatisch registrieren wir die landläufigen Laut- und Akzentverschiebungen, Doppelungen, Frequenzschwankungen etc., will sagen: Früher oder später mußte diese sehr spezifische, neuerdings in der Kunstszene auftauchende Variante, ein mit leichtem Vibrato am Gaumen entlanggehauchtes, reichlich elaboriert, ja manieriert klingendes „Ah-am“ auch uns zu Ohren kommen. Im Gegensatz zum

 

   
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