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			 Klosterbilder im 21.Jahrhundert? | ||
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		 Caspar David Friedrich, Abtei im Eichwald, 1810 Wer sich das Begriffspaar „Klosterruine/ Malerei“ einen Moment lang als Magneten vorstellt, der wird registrieren, daß innerhalb von Sekunden Caspar David Friedrichs Abtei im Eichwald dranhängt, kurz darauf auch Carl Blechens Klosterruine Oybin und Schinkels Gotische Klosterruine und Baumgruppen.Vielleicht auch die Klosterruine Heisterbach im Schnee des weniger bekannten Malers Wilhelm Steuerwaldt aus Quedlinburg (1815-71), der dieses Motiv wegen der dort obwaltenden „Melancholie pur“ sogar in England, Schottland und in den USA verkaufte. 
		 William Turner,Tintern Abbey, 1794 
		Dabei sein dürfte auch William 
		Turners skelettfarbige, gespenstisch wirkende Tintern Abbey aus dem 
		Jahr 1794: Allesamt Bilder der Romantik, in denen, unterschiedlich 
		facettiert, eine rückwärts gewandte Sehnsucht nach (unterstellter) 
		vormaliger Geborgenheit, nach ursprünglichem Sinn (Novalis) zum Ausdruck 
		kommt. 
		Gibt es eine Beziehung zwischen 
		diesen vom „Ruinenvirus“ befallenen Malern und Schwerings Klosterbildern? Gänzlich absurd ist die Frage 
		nicht, denn immerhin findet sich in seinem 
		bisherigen 
		Œuvre ein Acrybild aus dem Jahr 1973, das zweifelsfrei 
		Caspar David Friedrichs Der Mönch am Meer im 
		Blick hat. Darauf weisen sowohl der Bildtitel
		Autos am Meer als auch die 
		Widmung „CDF – 28“ hin, die er im Nummernschild des rechten PKWs 
		platziert hat.1 
		 Bernd Schwering, Autos am Meer, 1973 (s/w-Foto aus einem Katalog) 
		Läßt man Schwerings Frühwerk 
		Revue passieren, dann zeigt sich jedoch: keine der Arbeiten, die 
		unmittelbar vor und nach diesem Gedankensprung zu CDF entstanden sind – 
		ich meine die Reihe der Fensterbilder, Bilder wie
		Baustelle und
		Treppe oder die inzwischen 
		schon legendären Vorbeifahr- landschaften, ebenso den Siebdruck Nebel, 
		der sich, wie auch die Wolken über der
		Treppe, als meteorologisches 
		Phänomen, eher als Physik, nicht aber als Metaphysik präsentiert –, 
		keines dieser und der dann folgenden Werke enthält Hinweise auf 
		irgendwelche Retro-Ambitionen. Vielmehr richtet sich sein Augenmerk – 
		und 1973 ist das ästhetisches Neuland
		
		
		2 – auf 
		konkrete Erscheinungen der Gegenwart, die sich seit der 50 Jahre 
		zurückliegenden „realistischen“ Bestands- aufnahme durch die Künstler der 
		Neuen Sachlichkeit radikal verändert hatten: Faktisch, klar, aber auch 
		infolge gewandelter Wahrneh- mungsbedingungen, was in den Arbeiten, mit 
		denen Schwering in die Kunst einsteigt, gleicher- maßen deutlich ins Bild 
		kommt.  
		So zeigt er unter dem Titel
		Reisebüro die Spiegelung einer Stadtlandschaft auf der Glasfassade 
		des Gebäudes; in den Fensterbildern erscheint die Außenwelt (gesehen 
		durch die Jalousie) segmentiert; die Vorbeifahrlandschaften verwandeln 
		Artefakte und Naturdinge im Vordergrund in waagerechte Schlieren bzw. 
		Streifen, und lassen sie zum Horizont hin, dort, wo sie seit van Eyk & 
		Co. ihren deutlichen Umriß im Dunst der Luftperspektive verlieren, 
		dingfest werden. 
		 Bernd Schwering, Im Grünen, Siebdruck (26 Farben), 1974 
		Auch das Gemälde
		Autos am Meer kann man diesem 
		Kontext zuordnen. Die Szenerie bezieht sich auf ein Geschehen, das 
		Schwering bei einem Ausflug an die Ostsee beobachtete: Leute, die mit 
		ihrem PKW bis an die Kante des kurzen Strandes fuhren, bei laufendem 
		Radio aufs Meer sahen und – ausgestiegen waren sie nicht – wieder 
		aufbrachen: Natürlich habe er, so Schwering, sofort an Friedrichs
		Mönch am Meer denken müssen.  Durch die Einbindung dieser Assoziation in den Bildtitel taucht CDF am Horizont seines Gemäldes auf. Diese bildnerische Geste und eine Bemerkung z.B. im Vorspann zum Zyklus Steine und Wasser auf seiner Homepage zeigen, daß eine Beziehung zum Komplex „Romantik“ – trotz unübersehbarer Fixierung auf das Jetzt 3 – durchaus besteht. Zwar sind bestimmte, dem geistigen Klima des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts geschuldete Komponenten (Melancholie, Blick zurück) ausgeklammert, dessen überzeitliche Substanz aber keineswegs: Die Entität namens Sehnsuchtsauslöser ist von Beginn an ebenso im Spiel wie das, was Novalis „qualitative Potenzierung“ nannte, und was man heute vielleicht als Sprung in einen anderen Wahrnehmungsmodus bezeichnen würde: von der pragmatischen zur ästhetischen Sicht der Dinge. Fokussiert auf Zyklen Zwischen den erwähnten Werken der 
		Startphase und dem ab 2007 entstehenden Zisterzienser-Zyklus
		Leuchtende Steine malt 
		Schwering neben Einzelbildern wie
		Parkplatz (1980),
		Kiesgrube (1983),
		Große Baumgruppe (1984) oder
		Park (1989) die Zyklen
		Jeder Tag (1977/78),
		Die Tage des Jahres (1981/83) 
		sowie die mehr als 30 Bilder umfassende Serie
		Steine und Wasser (1984 – 
		2006). Es sind eindrucksvolle, mit Gegenwarts-Empfindung aufgeladene 
		Darstellungen, durch die „Landschaft“ als wirkmächtiges Gegenüber 
		unserer Existenz wieder kenntlich wird. Und natürlich: Ein erheblicher 
		Teil der dabei gewonnenen Erfahrungen und Einsichten wird auch in die 
		Arbeit an dem Kloster-Zyklus einfließen. Zwei Aspekte möchte ich etwas 
		genauer ins Auge fassen.  Faszinierend ist, wie jene „qualitative Potenzie- rung“, die nach Novalis „dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Aussehen“ gibt, bei Schwering von statten geht: In seiner Wohngegend hat sich – ein alltäglicher, kaum beachteter Vorgang – eine Baustelle etabliert. Die „befördert“ er zum Motiv, d.h., er präsentiert sie, kurz gesagt, in ästhetischer Wahrnehmung, und zwar als die 7-teilige Werkfolge Jeder Tag. 
		 Bernd Schwerig, Jeder Tag, 1977 (Container / Drahtkörbe) 
		Diese Baustelle an der 
		Bierstädter Straße in Wiesbaden wird ja nicht ästhetisch belauert und 
		zum Motiv, um etwa die „Versiegelung von Naturflächen“ oder den „Verlust 
		von Ruderalflora“ zu thematisieren. Sie gerät deshalb in den Fokus, weil 
		im realen Erscheinungsbild irritierende, also Aufmerksamkeit bindende 
		Elemente wie der rosafarben-rostige Schuttcontainer oder kalkweiße 
		Drahtkörbe auftauchen, die im Zusammenspiel mit dem Bewuchs des Areals 
		tatsächlich einen neuen Landschaftstyp entstehen lassen: die temporäre 
		Übergangslandschaft – könnte man sagen. 
		 Bernd Schwering, Parkplatz, Acryl auf Leinwand,46 x 35 cm, 1980 
		Aber die Kontrastierung von 
		Naturding und Artefakt bewirkt mehr als nur eine ad-hoc-Steigerung der 
		Wahrnehmungsintensität. Die Polarisierung von Vegetation und maschinell 
		Gefertigtem bringt auch deren jeweilige Eigenart von neuem deutlicher 
		zum Vorschein. Am Beispiel des Gemäldes
		Parkplatz – eine Attacke der 
		Wiese gegen die Pflasterung – kann man erleben, wie mittels 
		Gegensätzlichkeit Kraut und Gras ihre Präsenzwirkung steigern, aber auch 
		die Rasengittersteine wieder, um mit Viktor Schklowski zu sprechen: 
		rasengittersteinerner werden. Landschaftsmaler – Beispiele wären Monet (Sommer) oder Courbet (Genfersee bei Sonnen-untergang) – tendieren eher dahin, die das Motiv bestimmenden Elemente in Einklang zu bringen. 
		 Claude Monet, Sommer, Öl auf Lw., 57 x 80 cm, 1874 
		 Gustave Courbet, Genfersee bei Sonnenuntergang, Öl auf Lw., 76 x 100 cm, 1876G Schwering dagegen setzt von Beginn an auf Kontrastierung. Das vermitteln die einzelnen Arbeiten, es spiegelt sich aber auf unterschiedliche Weise auch in der Struktur der Zyklen: In Jeder Tag folgt auf Taghelle jeweils künstliche Beleuchtung bei nächtlicher Dunkelheit. Die Tage des Jahres stellen unterschiedliche Stimmunglagen gegeneinander. Steine und Wasser liefert quasi Urbilder zum Thema „Kontrast“. Und natürlich nutzt Schwering dieses Ausdrucksmittel auch im Zisterzienser-Zyklus: 
		 Bernd Schwering, Corcomroe Abbey, 2014 
		Fotos zeigen die Corcomroe Abbey – sie liegt an 
		der Westküste Irlands – in der Regel bei wolkenverhangenem Himmel und 
		diffuser grauer Beleuchtung: Ruinenalltag sozusagen. Sein Gemälde 
		indessen fixiert den Chor der Klosterkirche in einem Augenblick, in dem 
		unmittelbar nach einem Regenguß erste schräg einfallende Sonnenstrahlen 
		das Gemäuer und die nassen Grabplatten am Boden treffen. Sie 
		reflektieren das Licht. Im Raum wird eine Aura von himmlischer 
		Transzendenz spürbar, als sollte den Nachkommen des Erbauers König Conor 
		na Siudane Ua Brian, denen die Örtlichkeit als Grablege diente, die 
		Sinnfälligkeit ihrer Jenseitsvorsorge bestätigt werden.  
		 | 
		In sieben "Momentaufnahmen" der Serie
		Jeder Tag ist
		die erste Phase der Umwandlung einer Brache in erschlossenes Bauland 
		dargestellt. Während die Umwandlung des Areals hier durch menschlichen 
		Eingriff erfolgt, sind es in der Reihe
		Die Tage des Jahres die 
		wechselnden Jahreszeiten in Verbindung mit Sonne, Regen, Schnee und 
		Frost, die den immer gleichen Gebietsausschnitt, ein Stück Fernverkehrsstraße neben einem Wildwuchsareal, in seiner Beschaffenheit 
		verändern.  
		 Bernd Schwering, Die Tage des Jahres / sonnig, 1982 
		 Bernd Schwering, Die Tage des Jahres / Schnee (1983), regnerisch (1981) Im 3. Zyklus, in den Arbeiten von Steine und Wasser – inzwischen geht es um das „reine Naturbild“ – kommt es zu einer interessanten Verschiebung: Vermittelte sich das der Natur innewohnende Prinzip der Metamorphose bis dahin über sichtbare Veränderungen von Bild zu Bild, so sind jetzt – mit Erlaubnis des Sujets sozusagen – sämtliche Stadien der Transformation in einem Bild fixiert. Betrachtet man den Zyklus unter diesem Aspekt, dann fällt ein Gemälde (60 x 60 cm) aus dem Jahr 1993 besonders ins Auge. Es trägt keinen motivbezogenen Titel wie die anderen Arbeiten (Elba, Granit, Stille), sondern ist ostentativ mit der Vokabel Quadrat bezeichnet. 
		 Bernd Schwering, Quadrat, 60 x 60 cm, 1993 
		In diesem
		Quadrat vollzieht sich – bei Windstärke 
		null, d.h. in übersichtlichen Abläufen; bei diffusem Licht, so daß weder 
		Reflexe noch Schlagschatten die Formwahrnehmung einschränken und gefaßt 
		in einer Bildkomposition, die der Darstellung trotz suggestiver 
		Konkretheit etwas Emblematisches gibt – die Umwandlung des Naturprodukts 
		„Welle“ in ein vielförmig flaches Fluten, das schließlich zwischen den 
		Steinen verläuft. Was sich im 
		Quadrat präsentiert, ist – „natura naturans“ läßt grüßen – 
		eine Metapher der Natur ihrer selbst.  
		
		Derartigen Momenten, in denen Wellen – Dünung oder Windsee – die flache 
		Uferzone erreichen, in Brandung übergehen und zerfließen, ist Bernd 
		Schwering seit den frühen 80er Jahren auf der Spur: an der Westküste 
		Elbas, auf den Kanarischen Inseln, auf Paros, Naxos, Bali. Und wer schon 
		einmal in den Bann einer solchen Sensation geraten ist, wo kurzfristig 
		sämtliches Drumherum ausgeblendet ist und dem Bewußtsein sogar die kalt 
		am Hintern klebende Badehose abhanden kommt, wird die Suche nach immer 
		neuen Variationen verstehen. Vielleicht auch seinen Wunsch, diese 
		flüchtige Zeitspanne, in der man ganz und gar von dem Vorgang
		gefesselt ist, in bildhafter 
		Verdichtung festzuhalten: in ein Kunstwerk umzusetzen, so daß sich jenes 
		spezifische Involviertsein im Betrachter des Gemäldes rekonstruieren 
		kann, nacherlebbar wird. 
		Der Zisterzienser-Zyklus Leuchtende Steine                                                        
		 
		Wirtschaftshistoriker, 
		beeindruckt von der ökonomischen Effizienz mittelalterlicher Klöster, 
		interessieren sich neuerdings zunehmend für Zisterzienserabteien, die 
		sie dann – u.a. wegen gewisser Parallelen zwischen Kloster- und 
		Fabrikdisziplin – zu Vorboten des Kapitalismus deklarieren. 
		
		Okay, das kann man machen. Was aber fängt heutzutage ein Künstler mit 
		den Zisterzen an? 
		Bernd Schwering – soviel ist sicher – macht das, was er zuvor, angesichts 
		der ihn faszinierenden Meeresufer, auch getan hat. Und die 
		Betörungsfaktoren, denen die Klosterruinen ihre Verdichtung zum Motiv 
		verdanken, werden im Vorspann zur Internet-Präsentation der inzwischen 
		fertiggestellten Arbeiten deutlich benannt: Lustvolles Interesse an 
		Steinen und „Hochschätzung mittelalterlicher Kunst“. 
		 Bernd Schwering, Kleiner Paradiesgarten,1972 
		Für diese Hochschätzung gibt es einen anmutigen Beleg in Schwerings 
		Frühwerk, den 17-farbigen Siebdruck
		Kleiner Paradiesgarten nämlich 
		aus dem Jahr 1972. Dargestellt ist ein Wiesenstück mit zarten 
		Sommerblumen, das zwischen blaugrauen Metallstaketen zu sehen ist. 
		Formal gehört die Grafik zum Komplex der Arbeiten, mit denen er – ich 
		erinnere an die Spiegel- und Fensterbilder – auf veränderte 
		Wahrnehmungsmodalitäten reagiert. Inhaltlich gesehen könnte man es eine 
		Liebeserklärung nennen: an das 
		Paradiesgärtlein eines Oberrheinischen Meisters (1410/20). Hatte er 
		dabei den „hortus conclusus“ und das heitere Dasein des frommen 
		Personals um Maria im Auge oder – die andere Ebene des Gemäldes – den 
		weltlichen Schein der kunstvoll präzise gemalten Tiere und Pflanzen 
		eines spätmittelalterlichen „Liebesgartens“? Oder war es gerade die 
		Verflechtung sakraler und profaner Motive, die ihn animierte? Egal. Als 
		Jungfrau jedenfalls betritt er die Klosterwelt nicht. Allerdings auch 
		nicht – wie sich zeigen wird – durch das Hauptportal!  
		Noch einmal also: Was fängt ein Künstler heutzutage mit den Zisterzen an? 
		Wer zwischen den bislang vorliegenden Bildern des Zyklus einige Male hin 
		und her pendelt, wird relativ schnell bemerken, daß bei der Motivwahl 
		bestimmte Aspekte nicht auftauchen.  
		Auffällig ist: Von den 31 europäischen Ländern, in denen Zisterzienser aktiv 
		waren oder sind, zeigen sich als „Motivlieferanten“ nur 12, also ein 
		reichliches Drittel der infrage kommenden Länder, wobei Frankreich 
		sieben-, Deutschland dreimal vertreten ist. Offensichtlich also spielt 
		die Spiegelung der numerischen Gegebenheiten bei der Auswahl der Sujets 
		keine entscheidende Rolle. 
		Was Schwering gänzlich ignoriert, 
		sind die Besucher (Le Thoronet in der Provence z.B. kommt in den 
		Sommermonaten auf 1300 pro Tag), sind ad zwei die Gegebenheiten der 
		touristischen Infrastruktur, also Parkplätze, Verkehrsschilder, 
		Informationstafeln, Souvenirläden und Gastronomieeinrichtungen. 
		Selbstverständlich bieten sich während einer Besichtigung immer 
		Möglichkeiten, Chorruine oder Kapitelsaal isoliert, d.h. ohne ihr 
		Gegenwartsumfeld zu sehen, dieses Umfeld aber durchgehend auszublenden, 
		ist ein Signal: Das Phänomen „Kloster-Fremdenverkehr“ scheint ihn in 
		diesem Arbeitszusammenhang nicht zu interessieren. Ein anderer Punkt – die besondere kultur- historische Bedeutung einzelner Zisterzen – wohl auch nicht, was anläßlich der ersten Ausstellung im Kloster Kamp, Zisterziensergründung Nr. 1 im deutschsprachigen Raum, deutlich wurde. „Orte der Zisterzienser in Europa“ lautete der Untertitel der Schau, aber die für den Orden entscheidenden Ansiedlungen, also Cîteaux, das 1098 gegründete Ursprungs- bzw. Mutterkloster der Zisterzienser und die zu Beginn des 12. Jahrhunderts dazugekommenen Tochterabteien La Ferté, Pontigny, Morimond sind in seinem Konvolut nicht enthalten und eben auch nicht Clairvaux, die durch Bernhard von Clairvaux im Jahr 1115 ins Leben gerufene Abtei in der Champagne. Sie taucht auch 2017, im Zuge einer umfangreichen Präsentation im Landesmuseum Bonn, nicht auf. 4 Und wenn andere bekannte Klöster wie Alcobaça in Portugal (UNESCO-Weltkulturerbe) oder die oft gemalte Chorruine Heisterbach im Zyklus auftauchen, dann sind sie nicht als wiedererkenn- bare Glanzstücke ins Bild gesetzt. 
		 Bernd Schwering, Alcobaça, 2011 
		Die Kirche von „Alcobaça“ 
		z.B. zeigt Schwering ohne Kirchengestühl. Er verzichtet auf fotogra- fische Authentizität, 
		steigert aber durch den Eingriff – da der Blick aufgrund des fehlenden 
		Gestühls nicht am Boden gehalten wird und der nach oben führenden 
		Säulenkonstruktion folgen kann – die räumliche Wirkung. Sein Heisterbach ist wegen der visuellen Distanz zur landläufigen, das 19. 
		Jahrhundert perpetuierenden Sicht auf das Kloster ad hoc kaum zu 
		erkennen. Assoziationen also in Richtung „Rang und Namen“ stellen sich 
		nicht ein, zumal sämtliche Motive in den Maßen 40 cm x 40 cm 
		(Breitformate: 40 cm x 50 cm) und in der immer gleichen einfachen weißen 
		Holzrahmung gezeigt werden. Schwerings Favoriten? 
		Es tauchen unterschiedliche ehedem „wilde“, „abseits der Weltleute“ liegende 
		Landschaften auf: ein Tal in den Westalpen (Aulps), der Burren, eine 
		steinige Karstregion in Irland (Corcomroe), die verschilfte 
		Quelle eines Seitenarms der Andelle in der Normandie (Fontain Guérard) und 
		die 
		
		Insel Tautra in der Mitte des 
		
		Trondheimfjords 
		(Tautra). Er bringt die Jahreszeiten ins Spiel: Raureif und 
		dunstiges Winterlicht verstärken den Eindruck von Abgeschiedenheit (Aulps); 
		das klare Nachmittagslicht des Vorfrühlings bringt die Backstein- Ruine 
		von Boitzenburg zum Leuchten und läßt die architektonischen Details in 
		besonderer Deutlichkeit hervortreten. Präsent sind Romanik und Gotik, 
		die zwei Stilepochen des Hochmittelalters, sowie eine „Barocke Fassade“ 
		(Stift Stams, Tirol); sichtbar werden regionale stilistische 
		Eigenheiten ebenso wie naturbedingte Präferenzen für bestimmte 
		Baumaterialien (Coxwell Barn, Convento Calatrava Nueva). 
		Zu sehen sind einige der typischen Gebäude zisterziensischer 
		Klosteranlagen: Kreuzgang (San 
		Benedetto), Brunnenhäuschen (Valmagne), Kapitelsaal (Fontain 
		Guérard), Refektorium (Huerta), Dormatorium (Le Val), 
		Infirmerie (Ourscamp) und ein signifikantes Beispiel für die 
		Gestaltung der Abteikirchen (Alcobaça). Und – last not least –: 4
		Arbeiten widmen sich Frauenkonventen (Fontain Guérard,
		Boitzen- burg, San Benedetto und Tautra). 
		Zweifellos sollen möglichst viele 
		Facetten 
		der zisterziensischen Klosterkultur
		zum Vorschein kommen, so daß die Zusammenstellung bis zu einem 
		gewissen Grad als pars pro toto gelten kann. 
		Zurück noch einmal zu Rahmung und 
		Format: Diese Art der Darbietung korrespondiert mit den Anordnungen 
		(instituta) Stephan Hardings, des 3. Abtes von Cîteaux (1109-1134). Sie 
		verlangten Einfachheit sowohl bei den liturgischen Gewändern und Geräten 
		als auch bei der künstlerischen Gestaltung der Kirchen. Bildgröße und 
		Rahmen repräsentieren das Schlichtheitsgebot der Zisterzienser, das jede 
		Ausstellung des Zyklus´ begleitet und eigentlich eingreifen müßte in den 
		bildnerischen Auftritt von Kirche und Kapitelsaal. Das geschieht auch, 
		aber anders als erwartet!  
		 Steht man vor den Originalen, vermittelt sich der Eindruck, daß die von Schwering ausgewählten Motive mit geradezu insistierender Eindringlichkeit in Erscheinung treten. Und das nicht trotz, sondern wegen des 40x40-Formats der Gemälde. Offensichtlich aktivieren diese nicht vergangenen Relikte monastischer Vergangenheit bei ihm ein beträchtliches Quantum an Vergegenwärtigungs- energie, die sich, gefordert sozusagen durch die Maßvorgaben – umsetzt in komprimierte Form, so daß ein kompakter, aber dennoch differenzierter Ausdruck entsteht. Orval zum Beispiel: Das wuchtige Fragment scheint sich aus dem Geviert herauszudrücken, ein Effekt, der sich durch die Darstellung „über Eck“ noch verstärkt. Spürbar wird nicht nur dessen Dinghaftigkeit, sondern auch, was den Ruinen der Abtei noch immer – ehedem durch die architektonische Formung des Baumaterials implementiert – an Sehnsucht nach Transzendenz innewohnt. 
		Oder Kloster Thoronet: Greifbar wird die spezifische Oberflächentextur der alten 
		Gemäuer; man reagiert auf die Emotionen auslösenden Komponenten des 
		Materials und könnte sich vorstellen, dort, „geborgen“ im Halbschatten 
		an der „warmen“ Mauer, einen Nachmittag kontemplativ dösend zu 
		verbringen. 1 Bernd Schwering wurde 1945 geboren x 
				
				
				
				2
				Die älteren 
				Zeitgenossen zumindest hatten Sätze wie „Kunst und Natur ergeben 
				einen schlechten Reim“ oder „Wo die Kunst das Feld des 
				Gegenständlichen tangiert, ist sie nur zu Besuch - 
				verbotenerweise!"(Albrecht Fabri) durchaus noch nicht 
				vergessen. x 
				
				
				
				3„Acryl ist eine 
				´Jetzt-Farbe´, die keinen Anachronismus aufkommen läßt. Sie ist 
				ein Produkt unserer Zeit wie die zivilisatorischen Eingriffe, 
				die ich in meinen Landschaften oft darstelle. Insofern besteht – 
				auch von den Farben her – eine direkte Beziehung zum Inhalt der 
				Bilder.“ Apex-Interviews Nr. 1, 1974 
				 
				
				
				
				4 Bernd Schwering,
				Leuchtende Steine – Ein 
				Maler an den Orten der Zisterzienser, LVR LandesMuseum Bonn, 
				30. November 2017 – 18. Februar 2018 | |
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