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| San Benedetto in Conversano, Apulien | ||
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		 Filippo Lippi, Benedikt befiehlt Maurus die Rettung von Placidus, ca. 1445 
		Im 2. Buch der Dialoge Gregors 
		des Großen (540- 604) findet sich die Beschreibung einer höchst 
		wunderbaren Begebenheit: Eines Tages [lange bevor er dann im Jahr 529 
		die Abtei Montecassino gründete] weilte der Abt Benedikt in seiner Zelle 
		[und befand sich vermutlich in jenem Zustand, den die Mönche mit den 
		Worten „habitare secum“ (lat: wohnen bei/in sich selbst) beschrieben], 
		als er plötzlich gewahr wurde, daß sein Schüler Placidus beim 
		Wasserholen in den See gefallen war; eine Woge ihn sogleich erfaßt und 
		einen Pfeilschuss weit vom Ufer weggerissen hatte. Er rief Bruder Maurus 
		herbei, erteilte ihm den Segen und den Befehl, Placidus zu retten. Und 
		da passierte das Wunder: Wie weiland Petrus auf Weisung Jesu übers 
		Wasser wandelte (Math. 4, 28-29), lief Maurus über die Wellen und 
		rettete Placidus: Einer der beiden soll der Überlieferung zufolge in 
		Apulien das Kloster San Benedetto in Conversano gegründet haben. 
		500 Jahre später wurde in San 
		Benedetto, um 1100 noch Benediktiner-Abtei, ein Kreuzgang gebaut, von dem noch sechs Arkaden erhalten sind. 
		Nicht den anderen, größeren, besser erhaltenen Gang, in dem bereits die 
		strengen Bauvorschriften des Generalkapitels (Cîteaux, 1134) umgesetzt 
		sind, sondern dieses relativ kleine Teilstück bringt Schwering ins Bild: ein Motiv 
		aber, dem drei Elemente der zisterziensischen Vorstellungswelt 
		einverwoben sind. 
		So verweisen die figürlich 
		gestalteten Kapitelle des vorderen Abschnitts der Arkadenreihe – ein 
		Mönch beim Pflügen mit Ochsen / betende Engel – auf Benedikts Credo „ora 
		et labora“: War es doch vor allem das bei den Benediktinern ins Abseits 
		geratene „labora“, 
		das die Mönche um Robert von Molesme (Mitbegründer des 
		Zisterzienserordens) angetrieben hatte, sich neu zu orientieren, denn: 
		„Sie 
		sind dann wirklich Mönche, wenn sie wie unsere Väter und die Apostel von 
		ihrer Hände Arbeit leben.“ 
		
		(Regula 
		Benedicti 
		48, 8). 
		Der vom 
		Kreuzgang umschlossene Garten galt den Menschen des Mittelalters als 
		„Widerschein des verlorenen Paradieses“. Und es ist denkbar, daß sich 
		die Nonnen, die 1266 aus ihrem Konvent Sancta Maria de Viridario 
		(Garten) auf dem Peloponnes hatten fliehen müssen und 1267 die von den 
		Benediktinern aufgegebene Abtei in Coversano neu besiedeln durften, dem 
		Innenhof des Klosters mit besonderer Hingabe widmeten. Ob Schwering 
		diese Vorstellung vor Augen hatte? Auf jeden Fall: Über die Gestaltung 
		der Flora – wie er z.B. die Arkaden als Fenster nutzt, um die 
		„erfundenen“ Blüten und Früchte zu vereinzeln, so daß ein Hauch von 
		kindlicher Anmutung spürbar wird, generell durch die Art und Weise, wie 
		er Präzision und Innigkeit verbindet – vermittelt sich etwas von der 
		inneren Haltung, die die Nonnen beim Hacken und Graben in ihrem „Garten 
		Eden“ getragen haben mag. 
		 Bernd Schwering, San Benedetto in Conversano, Bildausschnitt 1 
		 Bernd Schwering, San Benedetto in Conversano, Bildausschnitt 2 | xxxxx  Bernd Schwering, San Benedetto in Conver- sano, 40 x 40 cm, 2013 Die o.a. Rettungs-Legende läßt sich lokalisieren. Gemeint ist das Kloster San Benedetto in Subiaco, das auch „Sacro Speco“ genannt wird. Und diese „Heilige Grotte“ – sie liegt heute im Inneren der Abtei – könnte man als den Geburtsort des „habitare secum“ bezeichnen. 
		 Die Benedikt-Grotte im Kloster Hier nämlich, in einer abgelegenen Felsenhöhle, hatte sich der junge Benedikt (um 500 etwa) für 3 Jahre als Eremit eingenistet, um jenen Zustand einzuüben, und zwar „allein, unter den Augen Gottes, der aus der Höhe herniederschaute.“ (Gregor I.) Auch wenn sich das ora et labora der Mönche primär in der Gemeinschaft vollzog, gab es gerade bei den Zisterziensern immer wieder Phasen, in denen die Idee des eremitischen Lebens stärkere Attraktivität entfaltete. 
		Interessant ist in dem Zusammenhang, daß die 
		Mittelalterforschung mit Blick auf die Jahrzehnte um 1100 einen 
		Mentalitätswandel konstatiert: einen „Individualisierungsschub“ 
		verbunden mit dem „Erwachen des Gewissens“, der zügig auch die Abteien 
		erfaßte, da hier einzelne Elemente dieser Veränderung – Benedikts 
		„habitare secum“ – bereits gelebt bzw. vorgedacht waren. Es wuchs die 
		Überzeugung, daß das Seelenheil durch stringente Einhaltung der 
		klösterlichen Rituale allein nicht zu gewinnen war; von nun an sollte 
		jeder Einzelne seine innere Einstellung, die Tiefe seines Glaubens 
		selbst kontrollieren: in Zurückgezogenheit und Stille, wie sie auch die 
		Nischen und Ecken eines  
		Kreuzgangs bieten.   
		Beim Durchstreifen der Klosteranlage in Conversano wird 
		Schwering am  Kreuzgang in 
		einen Bereich geraten sein, dessen Anhauch von besonderer Intimität 
		seine Aufmerksamkeit bindet; der ihn anregt, den Komponenten dieser 
		Wirkung  nachzuspüren, sie, 
		wo erforderlich, durch gezielte Eingriffe zu verdeutlichen, so daß im 
		Bild eine Örtlichkeit sichtbar wird, die man als Idealversion einer 
		solchen Stätte kontemplativer Stille sehen kann, versehen zudem mit 
		diskreten Hinweisen zur Genealogie dieser spezifischen Klausur:  
		Den Arkaden-Abschnitt zeigt er in "Naheinstel-lung". Der 
		Betrachter ist nicht Außenstehender, sondern wird quasi im Gang 
		postiert; hat Mauerwerk, Säulen, die Verzierungen der Kapitelle direkt 
		vor Augen und das vom Sonnenlicht überstrahlte Ende des Ganges wie auch 
		das im Schatten liegende Gewölbe klar im Blick. Während sich die Dinge 
		in den Stützfotos wegen des dort herrschenden leicht dunstigen 
		Streulichts etwas entziehen, geraten sie im Bild – bei klarer, direkter 
		Beleuchtung, also auch Schärfung der Konturen – in Berührungs-Nähe. Die 
		waage- und senkrechten Kanten der Brüstung wie auch 
		die deutlich umrissenen Pfeiler, Säulenfüße und Rundbögen in 
		ihrer betont dreidimensionalen Präsenz, suggerieren Räumlichkeit, besser 
		gesagt: vermitteln Innenraum-Gefühl, eine Empfindung, die durch den 
		Blick nach draußen verstärkt wird. Kurzum: Es entsteht der Eindruck, als 
		habe Schwering imaginierte visuelle Wahrnehmungen der in ihren Grotten 
		hausenden  Einsiedler in 
		seine Darstellung des Kreuzganges einbezogen. Oder ergeben sich – über 
		die Umsetzung komplexer Beobachtungen – derartige Verknüpfungen 
		zwangsläufig? | |
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