| ARMIN SCHREIBER | 
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| Astrid Brandt: Kammerspiele mit Möbeln | ||
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		Was besagt 
		diese Formulierung? Eines vor allem: dass wir es hier nicht mit der 
		Darstellung zufälliger Schnappschüsse aus unserer alltäglichen – 
		gegenwärtigen oder vergangenen – Wohnwelt zu tun haben, sondern mit 
		einer diskreten Inszenierung, in der Möbel und andere 
		Gebrauchsgegenstände die Hauptrolle spielen, Menschen dagegen, die 
		Hersteller, Besitzer oder Benutzer der Objekte,
		 ausdrücklich und auf allen 
		Bildern fehlen; fehlen, als wären sie, wie auch immer, abhanden 
		gekommen. 
		 
		Rosarium 
		Und was wird 
		gespielt? Man benötigt eigentlich keine besonderen Kenntnisse, um etwas 
		von dieser Aufführung zu verstehen. Es reichen ein, zwei Erinnerungen, 
		die man sich vergegenwärtigen müsste. Eine davon könnte z.B. die sein: 
		Nach drei Wochen Urlaub kommen Sie abends in Ihre Wohnung zurück. Sie 
		öffnen die Wohnzimmertür. Sie schalten das Licht an und Ihr Blick fällt 
		auf Stühle, Sessel, Tisch und Sofa und Sie registrieren eine 
		merkwürdige, kurz anhaltende Verblüffung: Ist mit den Möbeln etwas 
		geschehen, haben sie – in den drei Wochen außer Funktion – ihr Aussehen, 
		genauer, ihr Fluidum verändert, das spürbar den Raum füllt? Vergleichbares kann Ihnen widerfahren, wenn Sie durch die Fensterscheiben einer Kneipe am Ruhetag oder in eine Sparkasse um 18.00 Uhr kucken: eine nur Sekunden dauernde Verwunderung nämlich angesichts allzu bekannter Gegenstände, die Ihnen hier merkwürdig fremd erscheinen, als stünden sie nicht in der Realität einer automatisierten Wahrnehmung, sondern in einer traumähnlichen Situation. 
		  Der unsichtbare Dritte, 1995 In der Regel dominiert 
		ja bei solchen Begegnungen die pragmatische Perspektive, denn unsere 
		Gehirnwindungen sind vollgestopft mit schnell abrufbaren, rationalen, 
		der Lebenspraxis verpflichteten Erklärungsmustern, mit deren Hilfe der 
		funktionale Aspekt wieder in den Vordergrund rückt. 
		
		Dingwahrnehmungen der – sozusagen – anderen Art, Minimal-Verzauberungen, 
		die ergeben sich meist nur dann, wenn man leicht ermüdet oder 
		gedankenverloren seine Blicke schweifen lässt – wie eben angesichts der 
		Kneipe am Ruhetag: Und sie dauern oft nur Sekunden, ja, Bruchteile von 
		Sekunden. 
		 
		 
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		 Nonpareille, 1999 
		Hier sind die 
		Dinge unter sich! Und genau deshalb erzwingen sie nachdrücklich, dass 
		man registriert, wie sie vor-, neben- und hintereinander stehen, wie 
		Durchblicke, Überschneidungen, Abstände auffällig werden, und dass diese 
		gereinigten (man glaubt das Putzmittel zu riechen) menschenleeren Räume 
		einen permanenten atmosphärischen Druck ausüben, den der Betrachter 
		spürt. Zugleich treten auch die Gegenstände selbst mit besonderer 
		Eindringlichkeit hervor, als seien sie mit einer spezifischen 
		Anwesenheits-Energie ausgestattet. Sie scheinen einander dabei zu 
		helfen, ihre jeweils besondere Gestalt nachdrücklich zu präsentieren, 
		ihre Geschichte zu vermitteln, ihr „So-Sein“, ihre Holz-, Textil-, 
		Plastikseele zu offenbaren. 
		 Capri, 1999 
 Die Bildtitel, die Astrid Brandt ihren Arbeiten 
		mit auf den Weg gibt, bieten – bei allem Witz, bei aller obwaltenden 
		Ironie, Spekulation oder Kalauerei – diesem Gedankengang ein Geländer: 
		Wenn sie etwa die Darstellung einer höchst rechtwinkligen 
		Hotelzimmerecke aus den 20er Jahren mit „Nonpareille“ betitelt, was mein 
		Fremdwörterduden mit „Liebesperle“ bzw. „leichtes Wollgewebe“ übersetzt 
		oder den Blick auf einen metallischen Tischbesen plus Kehrblech schlicht 
		„Capri“ nennt, wo, wie Sie wissen, die rote Sonne im Meer versinkt, dann 
		– im Verbund mit den im Bild wirkenden Gestaltungsmitteln – befördert 
		dies die Verflüchtigung jener zweckorientierten Vorstellung, der zufolge 
		„Sofa ist, worauf man sitzt!“.  
		 Panorama di Prerow, 1998 
		Sofa, Stuhl, 
		Tisch, Teppich; Pfeffermühle und Pumpernickel etc. wären dann etwas 
		anderes: die Produzenten jenes besonderen Fluidums, das die erwähnte 
		Verzauberung auslöst! | |
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